Rede zum Haushalt 2022 im Rat der Stadt – Fraktionsvorsitzender Christian Winterbach

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Ratssitzung 26. Januar 22

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bürgerinnen und Bürger,

wir beraten heute den Haushalt 2022, der für uns alle kein Quell der Freude ist. Die darin enthaltenen Zahlen, vor allem auch die Perspektiven für die mittelfristige Finanzplanung der kommenden Jahre, sind unerfreulich und bedürfen eines aktiven Gegensteuerns. Zunächst aber möchte ich der Verwaltung und insbesondere der Kämmerei danken, dass sie diese alarmierenden Zahlen so klar und deutlich ausgewiesen hat. Dies übrigens nicht erst wenige Stunden vor der letzten Ratssitzung, sondern auch schon in den Unterlagen zum HuF Mitte Dezember. Die seinerzeit verteilten Zahlen waren bereits alarmierend und es bedurfte wenig Fantasie oder auch Finanzkompetenz um den Ernst der Lage zu erkennen, weshalb alle Fraktionen schon dort gemeinsam eine Finanzkommission unter Beteiligung der Verwaltung und aller Fraktionen beschlossen hatten. Dennoch haben wir dem Antrag der SPD, die hierzu in der letzten Ratssitzung noch Beratungsbedarf angemeldet hatte, aus guter Tradition zugestimmt, da wir uns nicht dem geringsten Verdacht von Intransparenz in dieser wichtigen Frage aussetzen wollten. Wesentliche neue Erkenntnisse haben sich aber offenbar nicht mehr ergeben, so dass wir den Haushalt heute voraussichtlich wie im Vorfeld gemeinsam verhandelt beschließen werden. Die gemeinsame Finanzkommission wird eine harte Arbeit vor sich haben, um das strukturelle Defizit in unserem Haushalt einzudämmen und bis Mitte des Jahres entsprechende Maßnahmen aufzuzeigen. Ein strukturelles Defizit, das im Bericht der GPA mit rund 9 Mio Euro angesetzt wird, übrigens noch ohne Berücksichtigung der Corona-Schäden, und welches nicht erst seit diesem Jahr besteht sondern sich aus der Vergangenheit fortgesetzt hat und nur durch sehr gute Gewerbesteuereinnahmen und Gewinnabführungen der städtischen Beteiligungsunternehmen überdeckt werden konnte. Die Zeit der großen Versprechungen und Geschenke ist also bis auf weiteres vorbei und es ist unsere gemeinsame Aufgabe, den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einzuschenken und auf Einsparungen in welcher Form auch immer vorzubereiten. Und dennoch müssen wir uns noch Spielraum erhalten, um die wirklich wesentlichen und wichtigsten Themen angehen zu können. Aus Sicht der GRÜNEN sind diese zukunftsrelevanten Themen für Willich – die Verbesserung der örtlichen Mobilität und das Umsetzen einer echten Verkehrswende – die Umstellung des gesamten Energiebedarfs unserer Stadt auf regenerative Energien sowie – Maßnahmen zur Abminderung des aktuellen Wohnraumproblems Diese Maßnahmen bringen uns auch einen wesentlichen Schritt weiter im Sinne des Klimaschutzes – wobei dieses Wort aus der öffentlichen Diskussion eigentlich völlig falsch ist. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir nicht das Klima schützen, dem ist sein Zustand nämlich vollkommen egal, sondern wir schützen damit die Menschheit, die Lebensumstände unserer Kinder und Enkelkinder und vielleicht sogar noch unsere eigenen. Denn die Welt bleibt, auch wenn Corona manchmal einen anderen Eindruck vermittelt hat, nicht stehen. Auf Grund der von uns Menschen geschaffenen Zustände auf unserem Planeten geht das Artensterben weiter und auch die Klimakrise entwickelt sich nahezu ungebremst. Wir erinnern uns noch gut an die gewaltige Flut im Ahrtal, an die verheerenden Waldbrände in Südeuropa, Hitzerekorde mit arabischen Sommertemperaturen in Kanada und tropische Temperaturen mit 38° in Sibirien, oder zuletzt eine noch nie dagewesene Tornadoserie im den USA. Alles aus dem Jahr 2021. Wer bei so vielen Extremwetterereignissen noch an normalen statistischen Zufall glaubt, glaubt wahrscheinlich auch an den Weihnachtsmann. Das Ziel, Deutschland bis 2045 insgesamt klimaneutral zu machen muss auch bei uns in Willich zu entsprechenden konkreten klimarelevanten Maßnahmen führen. Und diese Maßnahmen werden spürbar sein müssen, damit wir das Ruder wirklich noch herumreißen können. Ausreden gelten von nun an nicht mehr – der Zeitraum von 23 Jahren bis 2045 ist für eine dermaßen umfassende Transformation schon denkbar knapp. Die Zeiten, wo wir Umwelt- und Klimaschutz als Luxus angesehen haben, den wir dann berücksichtigen, wenn wir es uns gerade leisten können oder wollen, sind also ein für alle Mal vorbei. Und das gilt uneingeschränkt auch für schlechte Haushaltsjahre! Daher müssen wir zeitnah und konkret die Zielsetzungen der GNK umsetzen, um unsere Stadt in allen gesellschaftlichen Bereichen nachhaltiger zu machen. Die bisherigen Umsetzungserfolge sind enttäuschend und absolut nicht ausreichend. Bei der Mobilität in Willich müssen die großen Zielrichtungen auf Grundlage der vorliegenden Vorschläge aus dem MoVe durch die Politik jetzt definiert werden. Für eine echte Verkehrswende sind auch deutliche Veränderungen erforderlich. Vorfahrt für Fahrrad, Fußgänger und ÖPNV, erforderlichenfalls auch verbunden mit Einschränkungen für den Pkw. In der Stadtentwicklung haben wir mit der großen Erweiterung des Gewerbegebietes Münchheide V die Möglichkeit und aus unserer Sicht auch die Pflicht, ein zukunftsfestes und damit innovatives Gewerbegebiet zu erstellen. Hier haben wir Grünen schon in der Vergangenheit energetische Konzeptionen eingefordert, die technische Machbarkeit, klimatische Erfordernisse und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen vereinen. Wir sind sehr gespannt, wer im Sinne einer zukunftsweisenden Klimapolitik wirklich zu spürbaren Veränderungen bereit ist und wer es nur bei kosmetischen Korrekturen belassen möchte. Und ja, wir müssen als Politik auch damit rechnen und leben, dass wir es mit den notwendigen Entscheidungen zum Gemeinwohl aller nicht immer jedem Bürger und jeder Bürgerin recht machen können. Wir alle müssen unser Leben und Wirtschaften wahrnehmbar ändern : ob bei den Energieträgern, der Art der Mobilität oder auch der Art uns zu ernähren. Lassen Sie uns in den nächsten Jahren mit Mut, Zuversicht und innovativen Ideen diese großen Herausforderungen angehen und unseren Willicher Anteil an dieser Aufgabe erfüllen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.