Haushaltsrede 2016

Foto: Till Matthis Maessen
Foto: Till Matthis Maessen
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Heyes,
Sehr geehrter Herr Kämmerer Kerbusch,
Liebe Ratskolleginnen und –kollegen,
Sehr geehrte Damen und Herren,

der Haushalt 2016 ist in vielerlei Hinsicht ein Rekordhaushalt. Die Summe der Ausgaben erreicht ebenso Rekordniveau wie die Summe der Einnahmen. Beide über 128 Mio. Euro, vor zwei Jahren waren es noch rund 15 Mio. weniger. Es gibt zwar auch Rekordeinnahmen bei den Steuereinnahmen und um über 5 Mio. mehr an Landeszuschüssen, im Ergebnis bleibt jedoch festzustellen: Es reicht trotzdem nicht. Eine Feststellung, die ich schon im Vorjahr treffen musste. Wieder müssen neue Investitionskredite aufgenommen werden und einschließlich der Kassenkreditermächtigung und der kreditähnlichen Verbindlichkeiten wird die Stadt Willich mit ihren Eigenbetrieben erstmals mehr als 100 Mio. Euro Schulden haben können. Das sind rund 2000 Euro je Bürger und rund doppelt so viel wie vor 10 Jahren.
Dabei sind die wirtschaftlichen Rahmendaten gut: die Wirtschaft wächst, wenn auch nur moderat seit 6 Jahren. Die Arbeitslosigkeit in Willich ist gering, deutlich geringer als im Landesschnitt und die Gewerbeflächen sind für eine 50.000 Einwohnerstadt sehr groß – die Einnahmen aus der Gewerbesteuer dafür eher nicht mehr. Die Folge war in 2015 eine Haushaltssperre und deutlich niedrigere Ansätze bei dieser Steuer.

Was sind nun die Herausforderungen, die den Haushalt 2016 prägen?
Zweifellos die Versorgung der Flüchtlinge und ihre Integration. Doch dazu später.

Der ökologische Wandel
In den letzten Tagen ist der Klimawandel durch das Pariser Klimaschutzabkommen wieder in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Dekarbonisierung heißt das neue Zauberwort. Wir in Willich sind stolz darauf, dass wir früh den Weg zu mehr Energieeffizienz eingeschlagen haben. Wir freuen uns, dass über alle Fraktionsgrenzen hinweg die Förderung von energetischen Bausanierungsmaßnahmen ebenso unterstützt werden wie auch durchgängige städtische LED-Beleuchtung gefordert werden.
Bei der Dekarbonisierung des Verkehrs stehen unseres Erachtens der Ausbau der Regio-Bahn und die Attraktivitätssteigerung des innerörtlichen Fahrradverkehrs im Mittelpunkt. Bei der Regio-Bahn haben wir mittlerweile eine große Allparteienkoalition. Bei der Förderung des örtlichen Fahrradverkehrs sehen wir noch Entwicklungspotentiale. Es kann nicht nur an der Trägheit der Bürgerinnen und Bürger liegen, wenn man einige hundert Meter innerorts mit dem Auto fährt. Hier bedarf es vielleicht neuer Ideen, vielleicht muss man aber nur in die Niederlande sehen, wo innerorts Mobilität viel mehr ohne Auto geht. Das wollen wir mit unsererm Antrag anstoßen.

Prestigeprojekte belasten den Haushalt
Es gibt auch im Haushalt einige Fehlentwicklungen.
Da ist zuallererst die seltsame Kostenexplosion bei der Neugestaltung des Willicher Marktplatzes zu nennen. Noch im Mai hatte die Verwaltung 875.000 Euro als Planungsgrundlage (gemäß HH 2015) vorgesehen. Bei der Beratung der vier Konzepte wurde bezüglich des späteren Siegerkonzeptes festgestellt, dass 875.000 € benötigt werden und der Kostenansatz Granit sehr gering ist. Nun wissen wir seit der Planungsausschusssitzung im November 2015, dass mit dem geplanten spanischen Granit die Kosten sich wohl verdoppeln würden und nun auf chinesischen Granit ausgewichen werden soll, da sonst die vom Kämmerer festgelegte Obergrenze von 1,5 Mio. – immerhin noch 70 % Mehrkosten – überschritten worden wäre. Dass dieser wegen möglicher Kinderarbeit eigentlich inakzeptabel war … Nun ja. Ob Elb-Philharmonie oder Stuttgart 21 – vielleicht braucht jede Stadt seine eigene Geldvernichtungsmaßnahme.
Als Geldvernichtungsmaßnahme gut geeignet scheint hierfür auch die Bauplanung am sogenannten Schiefbahner Dreieck. Waren im Vorjahr noch für die gesamten Baumaßnahmen rund 4,503 Mio. Euro vorgesehen, haben sich diese ohne ein Wort der Begründung auf 6,186 Mio. Euro erhöht. Unter Berücksichtigung der Einnahmen aus Beiträger der Neubürger ergibt sich dennoch ein Mehraufwand von rund 1,5 Mio. Günstiger Wohnraum im großen Stil kann dort nicht geschaffen werden.
Eine solche Ausgabensteigerung bei so großen Vorhaben kosten Liquidität – die Steigerung des Rahmens für Liquiditätskredite ist eine Folge davon-  und sie schaffen über die Abschreibungen und Folgekosten für 30 oder noch mehr Jahre zusätzliche Kosten von mehr als 150.000 Euro. Zum Vergleich das sind mehr als 50 % aller Vereinszuschüsse im Haushalt. Nur für ein kleines Bebauungsgebiet?
In beiden Fällen muss nachgesteuert werden. Ich möchte hier bei Ihnen liebe Ratskolleginnen und –kollegen dafür werben, kritischer als bisher mit solchen Großinvestitionen umzugehen. Willich hat sich mal gerühmt, dass zwischen Erstveranschlagung und Umsetzung nur wenige Prozent Kostensteigerungen stattfinden. Dies geben wir mit diesem Haushaltsentwurf zu Gunsten von Prestigeprojekten auf.

Die Flüchtlingskrise
Die bedeutsamsten Budgetveränderungen ergeben sich im Haushalt 2016 durch die Flüchtlingskrise. Der Rat hat sich dieser Herausforderung angenommen und in großer Einmütigkeit wichtige Weichen gestellt. Unsere Forderung vom November nach einem Integrationskonzept wurde von allen Fraktionen unterstützt und mündete in einem Punkt des interfraktionellen Antrags zur Erstellung eines Betreuungskonzeptes und eines Integrationskonzeptes, welche die Verwaltung Anfang des Jahres vorlegen wird.
An dieser Stelle möchte ich im Namen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Schwertfeger und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Herrn Kerbusch für die in den letzten Wochen geleistete Arbeit bei der Flüchtlingsunterbringung und -versorgung herzlich danken!
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass wir rund 5 Mio. Zuschuss vom Land erhalten. Ohne diese Unterstützung wäre eine Haushaltsschieflage unvermeidbar gewesen.
Denn im Haushalt spiegelt sich die Ingeration in vielen Punkten wieder. Dies fängt bei den zusätzlichen Aufgaben in der Kinderbetreuung an, geht über die Schulen und die Integration in den regulären Unterrichtsbetrieb bis hin zur Integration in den Arbeitsmarkt und das soziale Leben in der Stadt Willich. Letzteres können weder Politik noch Verwaltung alleine leisten. Hier sind wir auf die Mithilfe der vielen freiwilligen Helfer und Ehreamtler auch in den Vereinen angewiesen.

Fazit
Aufwand und Ertrag des Haushalts sind aufgrund von Sparbemühungen, guter Konjunktur und höheren Zuschüssen des Landes ausgeglichen. Nicht immer notwendige Investitionen wie teilweise oben ausgeführt und ein vor uns hergeschobene Investitionen belasten die Liquiditätslage und den zukünftigen Haushaltsausgleich. Hier muss bei den heutigen abschließenden Haushaltsberatungen oder im Laufe des Jahres 2016 nachgesteuert werden.
Das Ziel unserer Fraktion eines selbstbestimmten ertragsmäßig ausgeglichenen Haushalt wird knapp erreicht, sodass wir grundsätzlich dem Haushalt 2016 zustimmen werden.

Abschließen möchte ich mich bei den anderen Fraktionen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die vielfach konstruktive und produktive Zusammenarbeit bedanken. Ich Wünsche Ihnen und Ihren Familien eine schöne Weihnachtszeit und ein gesundes und gutes Jahr 2016.