Ausstieg aus dem Kohlestrom – und die Jobs? 30. April 201930. April 2019 Braunkohletagebau Die Themen Ausstieg aus der Kohleverstromung und Klimaziele bewegen inzwischen viele. Die Proteste von 50.000 Menschen zur Erhaltung des Hambacher Waldes, der sicherlich nur noch symbolischen Charakter hat, konnte von den Verantwortlichen in der Landesregierung nicht mehr ignoriert werden. Die Kohlekommission bekam dadurch den Stellenwert, der ihr gebührt – nämlich einen verantwortlichen Kohleausstieg zu beraten. Die Reaktion des RWE-Vorstandsvorsitzenden, Dr. Rolf Martin Schmitz, war ebenso erwartet wie enttäuschend einfältig: Er drohte reflexartig mit Entlassungen und versucht auf diesem Weg, die Braunkohlegegner für mögliche Arbeitsplatzverluste verantwortlich zu machen. Dieses Ablenkungsmanöver von seinem Missmanagement und der nicht wahrgenommenen Verantwortung des RWE-Vorstandes für einen längst überfälligen Strukturwandel zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und damit der Arbeitsplätze bei RWE darf man so nicht durchgehen lassen. Die Braunkohle war nach den beiden Weltkriegen unbestritten ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor in Deutschland, der maßgeblich zu dem heutigen Wohlstand unserer Gesellschaft beigetragen hat. Aufgrund zunehmender Technisierung arbeiten inzwischen aber nur noch 20.000 Menschen für die Braunkohlewirtschaft. Auch der Hinweis des Bundesverbandes Braunkohle, dass weitere 30.000 Arbeitsplätze in Zulieferbetrieben von der Braunkohleindustrie abhängig sind macht das Verhältnis zu rund 330.000 Arbeitsplätzen im Ökostrom-Sektor nicht wirklich besser. In den betroffenen Bundesländern Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen liegt der Anteil der Braunkohlearbeitsplätze an allen Beschäftigten unterhalb von einem Prozent! Ende Gelände! – Gesehen am Hambacher Forst Darüber hinaus hat eine Untersuchung der Arbeitsplätze in den Braunkohleregionen in der Lausitz, dem Mitteldeutschen und Rheinischen Revier ergeben, dass rund 40 Prozent der Arbeitnehmer 50 Jahre und älter sind. Dass ein Strukturwandel mit der Gewinnung neuer und zeitgemäßer Jobs möglich ist, zeigt die Mibrag-Gruppe. Das im Mitteldeutschen Revier beheimatete Bergbauunternehmen hat inzwischen eine Reihe von Firmen gegründet, die zum Beispiel Ingenieurs- und Bohrdienstleistungen anbieten. Aber auch Garten- und Landschaftsbau wird als Aufgabe noch viele Jahre erhalten bleiben, um die Kraterlandschaften, die der Braunkohleabbau hinterlässt, zu sanieren und zu renaturieren. Für mich stellt sich die Frage: Warum lassen wir uns eigentlich von der Braunkohle-Lobby immer noch beeindrucken? Wovor haben wir Angst? Wir haben in Nordrhein-Westfalen alles, um einen umwelt- und sozialgerechten Strukturwandel vollziehen zu können: Die Technische Universität Aachen mit ihrer starken Innovationskraft, gepaart mit der Nachricht, dass NRW inzwischen die Start-Up-Hochburg Berlin überholt hat. Die ungebremste Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Das Bewusstsein, dass wir aufgrund der anhaltend guten Wirtschaftslage auch über Steuermittel verfügen können, um zukunftsweisend und damit nachhaltig gestalten zu können. All dies macht mich fest in der Überzeugung, dass wir den Strukturwandel jetzt anpacken müssen. Die Zeit war noch nie so günstig, erfolgversprechend und angesichts der Luftverunreinigungen in den Städten so notwendig.