Kugelahorn und (k)ein Ende 19. August 2016 Foto: Bürgerinitiative Pro Kugelahorn Kaum ein Thema wurde im zurückliegenden Jahr so kontrovers diskutiert wie der Erhalt der Kugelahorne auf dem Willicher Markt. Was mit Einzelkritik am geplanten Kahlschlag im Workshopverfahren der Stadtschmiede begann, fand mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheid Fortsetzung und Abschluss. Das Ergebnis ist bekannt: Im Bürgerentscheid wurden trotz Mehrheit nicht genügend Stimmen für den Baumerhalt erreicht – die Kugelahorne werden somit im Zuge der Umgestaltung des Marktplatzes gefällt. GRÜNER BLICK konnte Frau Christa Disselkamp, Sprecherin der Bürgerinitiative „Pro Kugelahorn“, für eine rückblickende Stellungnahme gewinnen. Christa DisselkampFoto: PrivatWie kam es vor einem Jahr zur Gründung der Bürgerinitiative „Pro Kugelahorn“ ? Wir Bürger haben von der Entscheidung, im Rahmen der Marktplatzneugestaltung alle Kugelahorn-Bäume zu fällen, erst aus der Presse erfahren – und zwar im Mai 2015. In den Monaten zuvor haben sich in den Gesprächen in der Stadtschmiede viele Mitglieder der Bürgerinitiative eingebracht, wie auch bei den beiden Bürgerterminen im Rahmen der Werkstatt-Phase. Aber es wurde nie konkret die Frage gestellt, ob die Bäume im Zuge der Neugestaltung des Marktplatzes erhalten bleiben sollen. Und bei der sogenannten Bürgerbeteiligung wurden die Argumente für die Bäume mit den Hinweisen abgelehnt, dass diese „Angst-Räume“ darstellen – sie wären zu niedrig gewachsen und verstellen den Blick auf die Kirche und müssten daher weg. Hiermit war die Diskussion für die Verwaltung und die meisten Politiker erledigt. Damit wollten wir uns nicht zufrieden geben und haben die Bürgerinitiative gegründet. Zuerst haben wir einen Bürgerantrag zum Erhalt der Bäume gestellt. Der wurde aber vom Stadtrat mit Mehrheit von CDU, SPD und FDP abgelehnt. Dann haben wir das erfolgreiche Bürgerbegehren begonnen, dem sich der Bürgerentscheid anschloss. Wer hat Sie am meisten unterstützt, wer nahm die Gegenposition ein? Sehr gute Unterstützung erhielten wir nur von den Grünen, die auch mit einigen Leuten Mitglied in unserer Bürgerinitiative waren. Bekämpft – und das Wort Kampf trifft in erschreckender Weise zu – haben uns CDU, SPD und FDP. Mit unschönen und unfairen Argumenten – insbesondere über die „sozialen“ Medien. Ich hätte vorher nie gedacht, dass von uns Bürgern gewählte Politiker so mit einer Initiative umgehen würden. Wie lief dann das Jahr ab – von Gründung der Bürgerinitiative bis zum Bürgerentscheid? Wir waren zu Beginn der Initiative nur vier Personen, aber sehr schnell kamen bis zu 20 Menschen zusammen. Wir haben dann das Bürgerbegehren begonnen und bis Ende September 2015 insgesamt 3.777 gültige Unterschriften gesammelt, die sich für den Erhalt der Bäume am Marktplatz aussprachen. Notwendig waren laut Gemeindeordnung nur 2.487. Im Verlaufe des Bürgerbegehrens haben wir uns immer wieder mit den Politikern um einen Kompromiss bemüht. Aber die drei „Nein“-Parteien (CDU, SPD, FDP) wollten immer nur alle Kugelahorn-Bäume vom Markt entfernen. Es hatte sich zwischendurch nur die Methode geändert: von Fällung hin zur kompletten Umpflanzung aller Bäume. Da das mit uns nicht machbar war und der Stadtrat mit Mehrheit von CDU, SPD und FDP im November 2015 das Bürgerbegehren ablehnte, kam es dann zum ersten Bürgerentscheid in der Stadt Willich. Um diesen zu gewinnen und die Bäume auf dem Marktplatz zu erhalten, hätten wir 6.228 Ja-Stimmen aller stimmberechtigten Willicher haben müssen. Aber nur 4.128 Menschen stimmten bis zum 24.02.2016 mit „Ja“. Damit hatten wir zwar eine Mehrheit von 57,1 Prozent, aber nicht das notwendige Zustimmungsquorum erreicht. Der Bürgerentscheid ging somit für uns verloren und die Kugelahorn-Bäume auf dem Markt werden im Rahmen der 1,5 Millionen Euro teuren Neugestaltung des Marktplatzes gefällt. Insbesondere die bürgerunfreundliche Satzung der Stadt Willich für einen Bürgerentscheid hat viele von der Wahl abgehalten. Hat sich der Kampf um die Bäume in der Rückschau gelohnt? Wir haben verloren und damit können wir die Bäume auf dem Markt nicht retten. Das tut uns in der Seele weh, aber wir haben unser Recht auf Ausübung der direkten Demokratie wahrgenommen. Die Chance zu gewinnen war gering, hat uns jedoch nicht abgehalten. Wir haben ein erfolgreiches Bürgerbegehren durchgeführt, den ersten Bürgerentscheid in der Stadt erreicht und alle auf die bürgerunfreundliche Satzung der Stadt Willich bei Bürgerentscheiden aufmerksam gemacht. Vielleicht ändert jetzt endlich der Stadtrat diese Satzung. Fazit für uns war auf jeden Fall: auch eine kleine Gruppe von Menschen kann etwas bewegen; man soll sich auch von Beschlüssen des Stadtrates sowie von negativen Äußerungen von einigen Leuten in der Verwaltung und in der Politik nicht aufhalten lassen. Erschreckend waren der teilweise persönliche Ton und die Häme nach der Entscheidung, die uns nicht nur von Bürgern sondern eben auch von gewählten Volksvertretern entgegengebracht wurde. Auch zahlreiche mutwillige Beschädigungen der Bäume hatten das Klima unnötig weiter vergiftet. Vielen Dank für das Gespräch.