Wir haben immer noch keinen Plan für Integration

Moltkestraße
Moltkestraße

Kann man eigentlich Flüchtlinge gerecht sortieren? Also in »gute« Flüchtlinge, die politisch verfolgt wurden und in »schlechte« Flüchtlinge, die nur aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen? 

Mal ehrlich – kein Mensch verlässt seine Heimat ohne Not, ist Wochen, Monate, wenn nicht Jahre auf einem stets unsicheren Weg. Flüchtlinge flüchten, weil sie nicht krepieren wollen und weil sie noch flüchten können. »Sein Leben aufgeben, um es zu behalten« war der Slogan auf den Plakaten der Organisation Brot für die Welt, der eigentlich alles sagt.

Ich würde mir wünschen, dass wir in Deutschland, in ganz Europa so handeln, wie wir selbst behandelt werden wollten, wenn wir einmal in Not geraten und zu Flüchtlingen würden. Angesichts der aggressiven geopolitischen Agitation aus Russland ist das für mich wahrlich keine Utopie mehr. 

Wir haben immer noch kein Konzept, um die Menschen erfolgreich zu integrieren. Integration funktioniert am besten in der Schule und am Arbeitsplatz. Trotz Fachkräftemangel in allen Branchen leisten wir uns bürokratische Hemmnisse und verdammen Menschen zu jahrelanger Untätigkeit. In der Schule leisten wir immer noch nicht die gebotenen Unterstützungsleistungen, so dass wir zunehmend junge Menschen für den Ausbildungsmarkt verlieren. Der Fachkräftemangel ist ein entscheidender Faktor, der unsere Wirtschaft schrumpfen lässt. Wäre es da nicht sinnvoll alle Energie in Integrationsanstrengungen zu lenken als in verstärkte Abschiebung?

Und jetzt haben auch noch Rechtsextreme das Thema für sich entdeckt, um unsere Gesellschaft weiter durch Verunsicherung und Hetze gegen Asylbewerber, Migranten oder »nichtassimilierte Deutsche« zu spalten.

Gehen Sie mal mit offenen Augen durch Ihren Alltag und stellen Sie sich vor, die Menschen mit Migrationshintergrund sind plötzlich nicht mehr da. Auf was müssten Sie wohl alles verzichten? Noch weniger Pflegepersonal, zunehmende Einschränkungen im Gastrobereich, wegfallende Angebote im Dienstleistungssektor (Reinigungskräfte, Lieferanten etc.). Und natürlich auf gut ausgebildete Fachkräfte, welche wir hier zwingend brauchen. Manchmal wünschte ich mir, dass alle Beschäftigten mit Migrationshintergrund für eine Woche in einen Generalstreik treten würden, um uns mal spüren zu lassen, wie schön dann noch »unsere Heimat« ist.

»Menschenrechte sind wie eine Versicherung – sie funktionieren nur auf Gegenseitigkeit« (fiftyfifty)