Ruhig ist es, als ich an diesem Samstagnachmittag auf dem Stautenhof ankomme. Normalerweise, zu den Öffnungszeiten, herrscht hier ein reges Kommen und Gehen. Und das Bild des Hofes ändert sich ständig. Die eigene Metzgerei, der Hofladen und das Bistro sind schon länger etabliert, mittlerweile gibt es auch mobile Hühnerställe, Ladestationen für Elektroautos (ebensolche für E-Bikes), eine KiTa sowie einen Neubau des Ehepaar Leiders, wo wir uns über die Erfolgsgeschichte des Stautenhofes unterhalten.
Vor mittlerweile 25 Jahren erfolgte die Umstellung des Stautenhofs auf Ökolandbau. Die konventionelle Bewirtschaftung wäre nur mit einem massiven Ausbau der Massentierhaltung weiter lukrativ gewesen, für Beate und Christoph Leiders aus Tierwohlgründen keine Option. Die Familie stand hinter dieser Entscheidung, auch wenn die Alt-Bäuerin und Mutter von Herrn Leiders erst etwas Angst hatte. Wäre dieses Projekt gescheitert, eine Umkehr wäre alleine finanziell kaum möglich gewesen. Auch der Steuerberater blickte nicht immer optimistisch in die Zukunft.

Paul Muschiol (von r. n. l.)
Ende der 90er Jahre war die Nachfrage nach Biofleisch eher verhalten. Das änderte sich nach dem BSE-Skandal (auch »Rinderwahnsinn« genannt), der Deutschland im November 2000 erreichte. Langsam rechnete sich die hofeigene Aufzucht. Die Tiere leben von Geburt bis zur Schlachtung in Anrath, mit Ausnahme der Rinder, die einige Zeit in der Eifel grasen dürfen. Außerdem werden auch die Hühner und Puten hier aufgezogen und im eigenen Schlachthaus verarbeitet.

Faktencheck
- 80 Hektar
- 1987 Hofübernahme durch Christoph Leiders
- 1997 Umstellung auf ökologischen Landbau
- 60 Mitarbeitende, 40 davon in Vollzeit
- Tierhaltung: Rinder, Schweine, Schafe, Hühner, Puten
- 20 KiTa-Plätze für Kinder ab 2 Jahren
Aber nicht nur die Tiere erfreuen sich an ihrer artgerechten Haltung. Auch für die fast 60 Mitarbeitende wird im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagement einiges getan. Finanzielle Beteiligung beim Kauf von Dienst-Fahrrädern, Stressseminare, Gesundheitstage und Sozialräume seien hier als Beispiele genannt. Leider kann pandemiebedingt zur Zeit nicht alles wie gewünscht angeboten werden. Ein mit den Mitarbeitenden erstelltes Leitbild ist weiteres Alleinstellungsmerkmal dieses Betriebes.
Aufgrund der guten Beregnungsmöglichkeit und des nicht ganz so regenarmen Sommers 2021 war die Trockenheit der letzten Jahre auf dem Stautenhof nicht das vorherrschende Thema. Allerdings wünscht man sich von der Politik auch auf kommunaler Ebene mehr präventiven Klimaschutz als nur nachträgliche Klimaanpassungsstrategien. Auch die Hürden bei neuen Bauvorhaben sind oft sehr hoch. Die KiTa war eigentlich ganz anders geplant. Ein entsprechend umgebauter Bauwagen und viele Matsch- und Buddelmöglichkeiten für die Kinder sollten genügen – so dachte man. Da allerdings viele Auflagen erfüllt werden mussten, konnte das Projekt nur mit Hilfe des Trägers »Bauernhofkindergarten Willich gGmbH« realisiert werden. Viel Mut, großes Durchhaltevermögen und ein respektvoller Umgang mit Tieren und Mitarbeitende überzeugte auch die Jury von »agrarheute«. Die Wahl zum »Landwirt des Jahres 2021« ist mehr als verdient.

Das nächste große Vorhaben wird übrigens die schrittweise »Staffelübergabe« an Tochter und Schwiegersohn werden. Zwei Enkel bereichern mittlerweile die Familie. Somit wäre auch, sofern der Wunsch besteht, der Fortbestand des Hofes gesichert. Gespannt auf die nächsten Projekte wünschen unser Landtagskandidat Paul Muschiol und ich, stellvertretend für den Willicher Ortsverband, beruflich und privat alles Gute. Es ist bereits dunkel, als ich mich verabschiede. Nun wird Christoph Leiders noch eine Runde über den Hof drehen und das tun, was er an den Wochenenden besonders liebt – einfach Landwirt sein!
