30 Jahre Willicher Grüne

Grüne Gründungsmitglieder 1984 - Foto: Archiv BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
 1984 war die Geburtsstunde der Willicher GRÜNEN. Angefangen hat alles im damaligen Lokal Heidekrug. Der frisch gegründete Ortsverband lud zu einem Treffen ein, dem etwa 50 Interessierte folgten. Ein Großteil kam aus der Friedens- und Umweltbewegung. Einige waren aber auch schlicht mit der städtischen Politik unzufrieden. Sie hatten sich ein mutiges Ziel gesetzt: Aus dem „Stand“ wollte die junge Partei noch im selben Jahr bei den Kommunalwahlen in den Willicher Stadtrat einziehen.
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Hagen im Wandel der Zeit – Fotos: Archiv BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Stefan Finger, Till Matthis Maessen

Mit Hagen Becker ist heute noch einer der Gründer als aktives Ratsmitglied an Bord. Damals hatte er das 18. Lebensjahr gerade erst vollendet, so dass er überhaupt kandidieren durfte. Über 30 Jahre aktiver Willicher GRÜNER – Anlass genug, dem Zeitzeugen Hagen Becker ein paar Fragen zu stellen.

Hagen, wie lief die Gründung und wie muss man sich euren ersten Wahlkampf vorstellen?
Schon am ersten Abend im Heidekrug waren wir uns einig, dass wir uns im Herbst als Grün-Offene Liste zur Wahl stellen. Die meisten wollten erst einmal nicht in die Partei, aber trotzdem für die GRÜNEN eintreten. Es bildeten sich Gruppen zu einzelnen Themen, um ein Wahlkampfprogramm aufzustellen. Da wir als neue Partei kein Geld hatten, haben uns einzelne Personen unterstützt, um Plakate und anderes Wahlkampfmaterial zu bezahlen. So gestalteten wir unsere Plakate und Handzettel selbst (Anmerkung der Redaktion: Macht Hagen heute noch), organisierten Stände und sogar ein kleines Wahlkampfsommerfest. Von den anderen Parteien wurden wir hart attackiert, kamen aber dennoch gut an. Das wichtigste aktuelle Thema war damals die Verhinderung des Baus des „Donkwegs“ als Umgehungsstraße, was uns später auch gelang.

 

Ihr seid dann tatsächlich auf Anhieb in den Stadtrat eingezogen. Wie gelang der Start?
Wir erzielten am Wahltag direkt unglaubliche 9,5 Prozent der Stimmen und kamen damit auf vier Sitze im Stadtrat. Am ersten Tag im Rat brachten wir als Protest gegen die für 300 DM ange- schafften neuen Sitzungsmöbel Holzklappstühle mit. Da wir ja die ersten GRÜNEN in Willich waren, mussten wir uns alles selber beibringen wie das Lesen von Bebauungsplänen, Haushalt. Zur Aneignung der Fachkenntnisse belegten wir Kurse bei einem Bildungsträger.

Erste Ratsmitglieder 1984
Erste Ratsmitglieder 1984 – Foto: Archiv BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wie wurden die „Neuen“ von den etablierten Parteien auf- und wahrgenommen?
Die anderen Fraktionen und auch die Verwaltung unternahmen damals alles, um uns zu behindern. Schließlich haben wir uns zur Wehr gesetzt und ließen eine Planungsausschusssitzung wegen nicht fristgerechter Einladung vom Kreis Viersen annullieren und wiederholen. Danach kamen die Unterlagen pünktlicher. Wir führ- ten auch geheime Abstimmungen ein und verhinderten so den ersten Versuch, die Willicher Sparkasse mit der Krefelder zu verei- nigen. Seitdem steht im Ratssaal eine Wahlurne.

Wie hat sich die Zusammenarbeit in den Folgejahren entwickelt?
Die anderen dachten ernsthaft, wir würden nicht einmal die ersten fünf Jahre durchhalten. Stattdessen beendeten wir zehn Jahre später die Mehrheit der CDU und wählten einen SPD-Mann zum Bürgermeister. Jetzt, über 30 Jahre später, sind wir immer noch da und haben mit über 13 Prozent das beste Ergebnis unserer Parteigeschichte in Willich geholt – und wiederum die absolute Mehrheit der CDU brechen können.

Welches sind rückblickend die wichtigsten GRÜNEN Projekte in Willich?
Wir brachten sowohl die Familienberatung als auch die Schuld- nerberatungsstelle durch. Besonders ist sicherlich der Kauf des Stromnetzes, der mit unserem Antrag angestoßen wurde. Und nach über 20 Jahren haben wir endlich die anderen Parteien von der Notwendigkeit der Regionalbahnverlängerung überzeugen können, wie wir dies schon seit dem Wahlkampf 1994 fordern. Aktuell wird auf unseren Antrag die Straßenbeleuchtung auf LED umgerüstet.

Danke für deine Rückschau.