Integrationispolitik

Seit Langem fährt die Stadt Willich in Fragen der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern einen sogenannten dezentralen Ansatz. Dies heißt in der Praxis, die Menschen nicht in großer Zahl auf wenige Unterkünfte zu verteilen sondern in jeweils geringer auf die Fläche. Zielsetzung ist dabei, Konflikte innerhalb und zwischen Zuwanderungsgruppen sowie mit der Willicher Bevölkerung zu minimieren und gleichzeitig den Integrationserfolg zu sichern.

Sind individuelle Asylverfahren mit einer (auch vorläufigen) Positiv-Entscheidung abgeschlossen, müssen die Antragssteller daher aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen. Allerdings gestaltet sich der Übergang in den freien Wohnungsmarkt oft schwierig, sodass die Flüchtlinge noch länger in städtischen Unterkünften verbleiben müssen. Versorgung und Unterbringung erfolgen je nach individuellem Aufenthaltsstatus durch das Asylbewerberleistungsgesetz, Sozialleistungsbezug oder eigene Erwerbsarbeit.

Schon vor Einsetzen der Massenmigration ab 2014/2015 war die beschriebene Herangehensweise politischer Konsens in Willich und geübte Verwaltungspraxis. Folgelogisch haben wir GRÜNE im November letzten Jahres im Rat der Stadt Willich den Antrag gestellt, das bewährte dezentrale Vorgehen auch auf die zwingend notwendigen Maßnahmen der gesellschaftlichen Integration von Zuwanderungsgruppen auszuweiten. In einem ersten Schritt müssen hierzu Konzepte entwickelt werden, die dann ihre praktische Umsetzung finden. Die Zugewanderten benötigen in einem zunächst noch fremden Land Hilfe zur Selbsthilfe. Leitlinien der Integrationspolitik nach unseren Vorstellungen: humanitär und bildsam, kulturell und individuell bereichernd, sozial und wirtschaftlich nachhaltig. Entwickelt werden sollen die Konzepte unter maßgeblicher Beteiligung der Neu-Mitbürgerinnen und -bürger und der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer.

Soweit die Mammut-Aufgabe, der sich die Verwaltung bereits verschrieben hat. Entsprechende Beschlüsse fasste die Politik im Sozial wie im Haupt- und Finanzausschuss und Rat, mit denen die notwendigen Ressourcen Geld und Personal bereitgestellt werden. Dies ist dringend nötig, um handlungsfähig zu sein und auch für das gezielte Bauen gesellschaftlicher Brücken. Gerade hinsichtlich der Neubauten für Flüchtlinge bzw. dem sozialen Wohnungsbau gab es in Neersen erwartbare Konflikte (Niersweg/Mutschenweg). Als GRÜNE mussten wir eine Abwägungsentscheidung treffen zwischen randständischer Bebauung eines Landschaftsschutzgebiets mit nachfolgender Umwandlung in sozialen Wohnungsbau und menschenwürdiger Unterbringung (ohne Turnhallennutzung). Das fiel uns naturgemäß nicht leicht. Herausgekommen ist ein einstimmiges Bekenntnis zum Bau der Flüchtlingsunterkünfte, das auf teilweises Unverständnis der betroffenen Anwohner gestoßen ist. Unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender Christian Winterbach hat die Begründung hierfür ausgiebig in einem veröffentlichten Brief an die Interessengemeinschaft Niersweg/Mutschenweg dargelegt (vgl. unsere Web- und Facebookseite).

Hinsichtlich unserer beantragten Integrationsplanung ist ein weitreichender Verwaltungsentwurf entstanden. In ihm werden konkrete Tätigkeitsfelder und Ziele mit zugehörigen Maßnahmen und Instrumenten dargelegt. Für den „Feinschliff“ wurde der Arbeitskreis „Integration“ gebildet. Er besteht aus Mitgliedern der Ratsfraktionen und der Verwaltung. Im Mai 2016 wurde das erst Mal getagt. Unter Frau Hofmeister als Mitarbeiterin der Verwaltung startete der Arbeitskreis gut vorbereitet. Sie ist zugleich städtische Koordinatorin für das Ehrenamt und dem Hauptamt in der Flüchtlingshilfe. Als Netzwerkerin brachte sie seit Anfang Februar aus der „Vogelperspektive“ Struktur ein in das Ehrenamtswesen auf dem Gebiet der Flüchtlingsarbeit.

Im Arbeitskreis geht es um unmittelbare Ziele, Handlungsfelder und Maßnahmen der Integration von Flüchtlingen vor Ort. Allgemeinplätze, die für jede beliebige Kommune gelten, sollen ausgeschlossen sein. Zudem soll die Stadtverwaltung ihr laufendes Geschäft zum Wohle der Menschen weiter mit ausreichend „Beinfreiheit“ verfolgen können. Ein GRÜNES Hauptaugenmerk liegt insbesondere auf dem sogenannten Übergangsmanagement. Gemeint sind damit beispielsweise Unterstützungshilfen beim Übertritt von Zuwanderern von der Schule in die Berufsausbildung. Hierzu müssen entsprechende Träger und Institutionen wie die Schulen und die Bundesagentur für Arbeit und weitere Akteure hinsichtlich Kommunikation und Kooperation eng verknüpft werden.

Wesentlich für den Integrationserfolg sind der zügige Sprach- und Kulturerwerb und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Als eine konkrete Maßnahme könnte dies durch eine Praktikums-/Ausbildungsstellenbörse begleitet werden. Partner sind hierbei nach unseren Vorstellungen u.a.: die städtische Wirtschaftsförderung in Kooperation mit Initiativen der Jugendberufsunterstützung, die einschlägigen Kammern, Bundesagentur für Arbeit. Auch die Zusammenarbeit der Schulträger von Stadt und Kreis muss passen. Ein beispielsweise 16-jähriger Flüchtling kommt in eine Seiteneinstiegsklasse einer allgemeinbildenden Schule und muss dann alsbald in diejenige des Berufskollegs oder im günstigsten Fall in ein Praktikums- oder Ausbildungsverhältnis wechseln – hier haben wir alle nur „einen Versuch“ frei, damit Eingliederung von Beginn an gelingt! Eitelkeiten rund um Zuständigkeitsfragen müssen zurückstehen. Die Perspektive der Betroffenen, nicht der Behörden, ist einzunehmen. Nur dann gelingt langfristig Integration und Fehler vergangener Zuwanderungswellen werden vermieden.
Niersweg-Mutschenweg 1
Eva-Maria und ich wirken im Arbeitskreis „Integration“ daran mit, dass die neu zu uns gekommenen Menschen in Willich diskriminierungsfrei und chancenreich behandelt werden. Gleichwohl sollen sie die bürgerlichen Freiheiten schätzen lernen und im Zentrum Europas endlich friedlich leben können.